Bibelerzählerin

Voller wunderbarer Geheimnisse und Erkenntnisse, voll von dramatischen und tröstlichen Geschichten ist die Bibel. In ihren Texten steckt das pralle Leben: Liebe und Hass, Trauer und Wut, Sehnsucht und Begeisterung, Mord und Totschlag, Sünde und Vergebung. Sie erzählen nicht nur vom Wirken Gottes, sondern es sind Lebenserfahrungen von Menschen, die tausende von Jahren vor uns gelebt, geglaubt und gehofft haben. 

Die Wahrheit der Bibel ist nicht unbedingt immer eine historische, sondern vielmehr eine weisheitliche. Gerade auch deshalb sind biblische Geschichten für viele Menschen in der heutigen Zeit Hoffnungsbilder und alles andere als antiquiert. Ihre Sprache ist bildhaft und lässt Raum für Fantasie. Ihre Texte nicht nur zu lesen oder vorzulesen, sondern frei zu erzählen, ist eine besondere Art der Zuwendung. Sie so zu erzählen, dass sie das Herz berühren, dass sich der Zuhörer in den Sorgen, Hoffnungen und Ängsten, in den guten wie schlechten Lebenserfahrungen der biblischen Personen wiederfindet, ist eine ganz besondere Kunst. 

Der Bibelerzähler bringt die Texte der Bibel in eine Erzählform, lässt sie somit „lebendig“ werden. Die Kernaussagen der Bibel bleiben dabei erhalten, aber die „Umverpackung“ ist individuell, manchmal auch ungewöhnlich. 

Die Art und Weise, wie die Geschichten erzählt werden, spiegelt auch ein wenig die Persönlichkeit des Bibelerzählers wider.

Der Erzähler nimmt mitunter überraschende Perspektiven ein. Er kann aus der Beobachterposition im klassischen Sinn erzählen oder auch in die Rolle einer biblischen Person schlüpfen. Er „leiht“ den Hauptpersonen der Geschichte dann praktisch seine Stimme, bringt dadurch Gedanken und Gefühle zum Ausdruck, erzählt davon, was sonst nur „zwischen den Zeilen“ zu lesen ist. Dadurch entstehen Bilder vor dem inneren Auge der Zuhörer. Landschaften und Orte entfalten sich, der Zuhörer fühlt und sieht mit den handelnden Personen.

Inzwischen hat sich in vielen kleinen sauerländischen Dörfern herumgesprochen, dass es in Sögtrop eine Bibelerzählerin gibt. Magdalene Göddeke, Jahrgang 1961, geboren, aufgewachsen und wohnhaft in Sögtrop, frönt ihrem ungewöhnlichen Hobby soweit es ihre Zeit zulässt.

Ohne theologische Ausbildung oder fundierte Kenntnisse, einfach aus Interesse an der Bibel, aus Freude am Lesen und Erzählen, meldete sie sich 2015 zur Ausbildung im Bergkloster in Bestwig an. Diese Ausbildung umfasst sechs Studientage im Bergkloster und drei Hospitationstage auf regionaler Ebene in kleinen Gruppen. Außerdem müssen die Teilnehmer einige Geschichten zum Erzählen vorbereiten und diese auch  öffentlich erzählen können. Den Abschluss des Kurses bildet eine Bibelerzählnacht. Zwei Stunden lang erzählen an vier verschiedenen Orten innerhalb der Klosterkirche die frisch gebackenen Erzählerinnen und Erzähler ihre 10 bis 15 Minuten dauernden Geschichten einem höchst interessierten Publikum. Danach erhalten sie ihr Zertifikat. 

Die Bibelerzählerin Magdalene Göddeke war schon zu Gast bei Seniorengruppen, Frauengemeinschaften, Pfarrgemeinden, Familien, Nachbarschaftsgruppen … und natürlich auch in der St. Blasius Kapelle und hat für die Dorfgemeinschaft Sögtrop die Geschichte vom 12-jährigen Jesus im Tempel erzählt.  

Für sie ist Bibel erzählen ein wunderbares „Mundwerk“, mit dem man die Herzen der Menschen jeden Alters gewinnen kann. Die Zuhörerinnen und Zuhörer,sie lauschen, sie staunen, sie schmunzeln, sie erschaudern, sie leiden mit, … und sind oft wundersam berührt von den außergewöhnlichen Geschichten aus dem „Buch der Bücher“.